Von wegen Krankenhäuser operieren nur noch nachts, um Narkosemittel zu sparen

Dass der Postillon in seinen Artikeln das eine oder andere Mal von der Wahrheit etwas abweicht, war bekannt. Doch dass man sich in der seit 1845 erscheinenden Zeitung nicht mal schämt, zwei inhaltlich völlig diametrale Beiträge zu veröffentlichen, finden wir ziemlich entlarvend. 

 

Wie sonst ist folgender Artikel zu erklären:

Da behauptet der Postillon ernsthaft, dass in einer Berliner Klinik Operationen an schlafenden Patienten durchgeführt werden, ohne dass sie vorher eine Sedierung erhalten. Dies würde Kosten sparen und der Patient sei so vor den Nebenwirkungen einer Narkose geschützt. 

 

Schon der gesunde Menschenverstand sollte jedem Leser sagen, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. So dürften bis zu 70 % aller Menschen das Phänomen des "Sleep Start" (oder auch: Circle Jerk) kennen: Ganz kurz nach dem Einschlafen träumt man bereits, man würde vom Fahrrad fallen oder einen Bordstein hinunterlaufen. Der Patient zuckt. Wenn da gerade der Chefarzt bereits mit dem Rippenspreizer arbeitet: Dann aber gute Nacht. 

 

Darüber hinaus haben wir beim DBC (Berufsverband deutscher Chirurgen e.V., Anm. d. Red.) angerufen und uns erkundigt. Dauerhafte Arbeitszeiten von 22:00 bis 05:00 Uhr wären nur zumutbar im Austausch gegen eine angemessene Menge 4K-Flatscreens für die Chefärzte zzgl. einer Erhöhung der Krankenkassenbeiträge um 233 %. Anders sei der Nachtzuschlag für alle Chirurgen des Landes kaum finanzierbar. 

 

Der Anästhesist hilft übrigens auch nicht mit "warmer Milch" nach, wie im Text behauptet, das weiße Zeug in der Spritze nennt sich Propofol, ein gut steuerbares Narkotikum, das schon jahrelang bei Operationen benutzt  wird.  

OP-Besteck des Pförtners (hier ohne Rost)
OP-Besteck des Pförtners (hier ohne Rost)

Auch den Praxistest besteht die Methode der "OP-im-Schlaf" nicht. In einer Studie haben mehrere Krankenhaus-Pförtner mit einem rostigen Löffel versucht, übermüdeten LKW-Fahrern während eines Sekundenschlafes fix den Blinddarm zu entfernen. 87 % aller Brummifahrer wachten noch vor OP-Beginn auf und fragten, wo ihr Playboyheft und ihr Mettbrötchen sei. 

 

Apropos Blinddarm-OP. Während der Postillon o.g. bereits im Jahr 2015 veröffentlichten Artikel in dieser Woche aus dem Archiv hervorkramte, merkte man wohl nicht, dass man folgenden Newsticker im November 2016 veröffentlichte: 

Der Postillon nennt sie Newsticker, wir nennen sie die kürzeste Presselüge der Welt!

Welche Aussage stimmt denn nun? Werden Patienten "nachts im Schlaf" operiert oder morgens, nachdem sie "früh raus müssen"?

Irgendeine Abteilung von Deutschlands größter Satirezeitung lügt hier und zwar gewaltig. 

 

Man kann nur mutmaßen, warum man beim Postillon derart mit den Ängsten von Patienten spielt. 

 

Was wird man dort als nächstes behaupten? Dass man in der Nähe von Münchhausen einen Friedhof für Hypochonder bauen will? 

 

Eine Beschwerde beim Presserat und bei der deutschen Ärztekammer wurde eingereicht. Ein Dankesbrief geht raus an den aufmerksamen Twitter-User @DoktorThalion , der uns freundlicherweise auf die Diskrepanz beider Meldungen des Postillon aufmerksam machte.

SG

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Kommentare: 2
  • #1

    Ein besorgter Leser (Samstag, 19 November 2016 13:32)

    Vielleicht hättest ihr noch tagsüber in einer Klinik vorbeischauen sollen, damit ihr beweisen könnt, dass nachts keine Operationen stattfinden. So ist die Beweislage meiner Meinung nach noch unzureichend.

  • #2

    Postillleaks_Redaktion (Samstag, 19 November 2016 22:57)

    Sehr geehrter besorgter Leser,

    hätten wir gerne gemacht, leider ist unsere gesamte Redaktion am Tag damit beschäftigt, die Presselügen des Postillon aufzuklären. Da bleibt für Krankenhausbesuche und OP-Besichtigungen keine Zeit.

    Könnten Sie nicht...also...haben Sie keine Zeit, mal nachzuschauen? Für uns?

    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr Team von postillleaks.de