Von wegen, auf der Bühne wird weniger gelogen - Die große Reportage zur Livetour des Postillon

Dass der Postillon seine Leser im Internet, in Büchern und Sonntags in der PAMS belügt, war bekannt. Doch dass man in der seit 1845 erscheinenden Zeitung keine Skrupel hat, Menschen höchstpersönlich ins Gesicht zu lügen, ist alarmierend. 

 

Wie sonst ist der folgende Umstand zu erklären? 

Können diese Augen (rechts) lügen? Natürlich!
Können diese Augen (rechts) lügen? Natürlich!

Da geht der Postillon ernsthaft mit seinen Presselügen auf Tour, bereist 25 deutsche Städte von Lübeck bis nach Fürth und es gibt keinerlei Aufschrei in der deutschen Presselandschaft?

 

Die schweigsame Passivität, mit der die dunklen Machenschaften des Postillon in der Bevölkerung seit nunmehr 172 Jahren hingenommen wird, nimmt mittlerweile absurde Züge an. Grund genug, uns selbst ein Bild zu machen und so besuchten wir (in schusssicheren Westen) die Livetour des Postillon am 30.11.2017 in der Zeche Carl, Essen. Was wir dort zu sehen bekamen, verschlug uns oftmals die Sprache, doch der Reihe nach...

Die Freude darüber, die Veranstaltung überhaupt lebend erreicht zu haben, ist unserem Chefredakteur sichtlich anzusehen.
Die Freude darüber, die Veranstaltung überhaupt lebend erreicht zu haben, ist unserem Chefredakteur sichtlich anzusehen.

Auf Schleichwegen machten wir uns auf den Weg in die Zeche Carl. Dem Navigationsgerät trauten wir keine 5 Meter weit, die technische Manipulation auf der Autobahn seitens des Postillon bezeichnete man im Radio als sogenannten "Stau im Berufsverkehr".

Wir müssen schon sagen, der Postillon hat seine Hausaufgaben gemacht, aber wir sind ja auch nicht ganz blöd und haben uns im Vorfeld eine sichere Route im ADAC-Ruhrpott-Atlas rausgesucht. 

 

Als wir gegen 18:15 Uhr in der Zeche Carl eintrafen, war noch niemand zu sehen, was uns nicht weiter wunderte. Aus anderen Städten wurde uns zugespielt, dass der Postillon seine Zuschauer mit Bussen zum Veranstaltungsort herankarrt, vermutlich gab es während der Fahrt einen Umtrunk, der die Leute so ziemlich jeden Unsinn glauben lässt, der später auf der Bühne vorgetragen wurde. 

 

Nach und nach betreten erste Menschen mit ausgedruckten Karten das Foyer. Wir hatten nicht wirklich eine Vorstellung vom typischen Postillon-Fanboy, hätten aber auch nicht damit gerechnet, dass manch 16-Jähriger seine Großeltern zur Veranstaltung mitbringt. Es keimte ein wenig Hoffnung auf: Diese Menschen besitzen ALTERSWEISHEIT und sollten doch wohl eine vorgetragene Lüge allein am Klang erkennen können, dachten wir uns. Aber weit gefehlt. 

 

Als sich die Tore öffneten (der Hinweis, man dürfe keine Fotos machen war natürlich auch gelogen, NIEMAND hielt uns davon ab), platzierten wir uns in der ersten Reihe. Wir wollten den Menschen ins Gesicht schauen, die da auf der Bühne den Leuten die Unwahrheit ins Gesicht schleuderten, während unser Chefredakteur sein stumm anklagendes Statement auf seinem T-Shirt (Durchgestrichenes Postillon-Logo, FÜR DIE WAHRHEIT!) zurückschleuderte, um es Thieß Neubert und Anne Rothäuser so schwer wie möglich zu machen.

Rechtschreibfehler auf der Redekanzel. Wie peinlich.
Rechtschreibfehler auf der Redekanzel. Wie peinlich.

Doch noch bevor die beiden die Bühne betraten, konnten wir die erste Presselüge aufdecken: Auf der Redekanzel stand es für alle lesbar: "Ehrliche Nachrichten - unabhängig, schnell, seit 1845". Dass man beim Postillon mal einen Artikel verfasst hat, der seidt als neue Schreibweise für seit und seid ausgerufen hat, ist in Fürth wohl ebenso in Vergessenheit geraten wie die eigens eingerichtete Internetseite www.seidtseidt.de

Tja, das hat man sich wohl anders vorgestellt.
Tja, das hat man sich wohl anders vorgestellt.

Dann war es soweit und die beiden Moderatoren Thieß Neubert und Anne Rothäuser betraten unter dem Applaus des Publikums (das vorher auf der Leinwand zum Klatschen aufgefordert wurde, erschreckend, wie manipulierbar Menschen sind) die Bühne. Doch statt wie geplant mit der Lügenshow zu beginnen, stockte der Ablauf. Die Präsentation ließ sich nicht starten, ein Computerfachmann musste dazugerufen werde.

An dieser Stelle ein kleines Dankeschön an die IT-Abteilung von Postillleaks, der Virus ließ sich völlig problemlos per Bluetooth auf das MacBook von Thieß Neubert überspielen und auch das Knacken des Passworts Mb2.r5oHf-0t war überhaupt kein Problem

 

Als diese technische Hürde dann auch - leider - genommen war, ging es los. Wie erwartet übertrug der Postillon seine Presselügen aus der digitalen in die analoge Welt. Über vermeintliche Warnhinweise auf Panzern, die Einstellung des staatlichen Chemtrailprogramms bis hin zur angeblichen Gesundheitsgefährdung von Wham!s 'Last Christmas' war den beiden Moderatoren keine Lüge stumpf genug, um sie nicht in die Hirne der Anwesenden zu hämmern. Dass die angebliche 360-Grad-Drehung des Kölner Doms es ins Programm geschafft hat, obwohl wir diese dreckige Presselüge schon vor Jahren aufgeklärt haben, ist eine unsägliche Provokation Postillleaks gegenüber. Statt Protest aus dem Publikum jedoch nur schallendes Gelächter, aber naja, Sie wissen schon:

Der Umtrunk im Publikum-Bus. 

 

Es waren aber auch die kleinen Fehler, die die Live-Tour des Postillon in die größte Lügenshow verwandelten: So wurde zwar über das neue Programm von Mario Barth anläßlich der Fahrerlaubnis für Frauen in Saudi-Arabien berichtet, der Name - "Männer sind Schweine, essen aber keine!" - wurde jedoch mit keinem einzigen Wort erwähnt. Fahrlässig.

Garniert wurden die vorgelesenen "Nachrichten" mit Newstickern (wir nennen sie die kürzeste Presselüge der Welt) und Video-Einspielern. 

Wenn Lügen mal wieder länger dauern...
Wenn Lügen mal wieder länger dauern...

Zwischendurch gab es eine 20-minütige Pause, die offenbar einerseits dazu genutzt wurde hinter der Bühne weitere Lügen zusammen zu spinnen, andererseits dem Publikum Gelegenheit gab, sich mit Getränken zu versorgen, in denen mutmaßlich dasselbe Naivitätsgift steckte, das den Leuten vorher im Bus verabreicht wurde. Pervers. 

 

Zum Ende hin gab man sich im Programm noch vermeintlich sozial und präsentierte dem Publikum einen armen Tropf, der 20 Jahre lang nach einem Mofabruch auf einer Verkehrsinsel gestrandet war, als neuen Praktikanten. Der filmte vorab investigativ in den Redaktionsräumen des Postillon und deckte so unfreiwillig (Neubert und Rothäuser wussten sichtlich nichts davon) die Missstände auf, die in Fürth herrschen. Der Mann hat hinterher ein Stellenangebot von uns bekommen. 

Sie haben gedacht, sie wären leise genug. Aber wir hatten Richtmikrofone dabei.
Sie haben gedacht, sie wären leise genug. Aber wir hatten Richtmikrofone dabei.

Nach gut zwei Stunden war die ganze Farce beendet. Die Leute klatschten, standen dabei sogar auf (seltsamerweise nicht, um zu flüchten). Wir sahen noch einmal im Foyer in die Gesichter der ausströmenden und naiven Masse, doch die blickte nur verächtlich auf das durchgestrichene Postillonlogo des T-Shirts unseres Chefredakteurs. Auch nach zwei Stunden Dauerberieselung durch den Postillon scheinen diese Menschen kein Stück schlauer geworden zu sein, es ist geradezu grotesk. 

Übergriffsversuch auf den Chefredakteur von Postillleaks! Nur mit Mühe konnte er sich befreien.
Übergriffsversuch auf den Chefredakteur von Postillleaks! Nur mit Mühe konnte er sich befreien.

Zu einem letzten Zwischenfall kam es noch nach Ende der Veranstaltung, als Thieß Neubert und Anne Rothäuser unseren Chefredakteur in die Zange nahmen. Mit einem doppelten Gesäßkneifer (Neubert litt sichtlich, Rothäuser schien es auch noch zu gefallen, pfui) konnte Schlimmeres verhindert werden und wir flüchteten in die Essener Winternacht hinein. 

 

Man kann nur mutmaßen, was den Postillon dazu antreibt, ganze Bevölkerungsschichten mit ihren Live-Lügen zu vergiften. Weder vor Geschlecht, noch vor Alter oder Religionszugehörigkeit macht man in Fürth einen Unterschied. 

 

Was wird man dort als nächstes behaupten? Dass 2018 eine neue Tour folgt?  

 

Der Presserat und ein großer Ticketverkäufer wurden informiert. 

SG

Halfen und verdienten bei der Lügenverbreitung kräftig mit: Eventim
Halfen und verdienten bei der Lügenverbreitung kräftig mit: Eventim

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