Von wegen, Tatsachen (26)

Dass man beim Faktillon keinen Plan vom Umweltschutz hat, war bekannt (warum sonst wird uns wöchentlich eine PamS zugestellt, DIE WIR NICHT HABEN WOLLEN). Doch dass die Redaktion des seit 2016 erscheinenden Faktenportals des Postillon sich schlimmer verrechnet als 100 Pneumologen, geht auf keine Diesellunge.

 

Wie sonst ist das folgende Bild erklärbar:

Da behauptet der Greenpeacillon auf seinem Faktenbildchen, dass derjenige die Umwelt schont, der sich mit einer Liane zur Arbeit schwingt. Klingt auf den ersten Blick wunderbar ökologisch, wer aber über den eigenen Tellerrand des Umweltbewusstseins hinausschaut, stellt schnell fest: Der Vorschlag ist eine Lebensraum vernichtende Vollkatastrophe.

 

Zunächst: Da diese "Tatsache" für den deutschsprachigen Raum geschrieben wurde, gehen wir auch mal davon aus, dass Arbeitnehmer aus Deutschland gemeint sind, die das Auto/den Bus/die Bahn/den Privatjet gegen eine nicht näher definierte Anzahl von Schlingpflanzen einzutauschen. Eine ganze Reihe von Problemen offenbart sich: 

 

  1. Alleine Deutschland hatte im Dezember 2018 knappe 45 Millionen erwerbstätige Menschen zu verzeichnen. Selbst wenn man mit EINER Liane pro Arbeitnehmer auskäme (weiter unten sehen wir, warum das nicht reicht) übersteigt die Lianen-Nachfrage das derzeitige Lianen-Angebot im Lianen-Fachhandel in diesem Land um...äh...45 Millionen Lianen. 
  2. Lianen in so großer Zahl müssten nach Deutschland importiert werden. Wo gibt es Lianen in großer Zahl? Im tropischen Regenwald. Wie würden diese Lianen nach Deutschland gelangen? Auf Containerschiffen oder in Frachtflugzeugen. Das ist nicht mal CO2-Neutral, das ist ein ökologischer Super-Gau. 
  3. Aber nehmen wir an, jeder der 45 Mio. Arbeitnehmer bekäme seine fiktive Liane. Was dann? Die Liane an einem Laternenpfahl anbinden, sich zehn Meter weit schwingen, die Liane abbinden und zum nächsten Pfahl? Vollkommen unpraktisch. Bei einem salopp angenommenen durchschnittlichen Arbeitsweg von 10 Kilometern bräuchte man theoretisch pro Arbeitnehmer 1.000 Lianen (wenn man davon ausgeht, dass die Lianen nicht von mehr als einem Arbeitnehmer benutzt werden, was aufgrund von Wartezeiten zu massiven Verspätungen in den Unternehmen führen würde).
  4. Wir bräuchten also letztlich 45 Milliarden (!) Lianen. Auf den CO2-Austoß zur Beschaffung der Schlingpflanzen müssten wir noch den massiven Anstieg der Krankentransporte nach Schwingverletzungen und Knochenbrüche durch Falltraumata drauf rechnen.
Wäre der einzige, der sich über eine Liane freut: Personaltrainer Simon Wegener, der direkt neben dem Fitnessstudio wohnt, in dem er arbeitet.
Wäre der einzige, der sich über eine Liane freut: Personaltrainer Simon Wegener, der direkt neben dem Fitnessstudio wohnt, in dem er arbeitet.

Wir wissen wirklich nicht, was für einen Efeu man beim Weltrettillon geraucht hat, um auf einen derartigen Unfug zu kommen. Die Umwelt wird nicht geschont, sondern in eklatanter Weise vernichtet. Und gegen eine mit Lianen vollgekleisterte deutsche Landschaft sähen heutige Windanlagenparks wie ein wunderschönes Gemälde aus.

 

Was wird man dort als nächstes behaupten? Dass aus Diesel-Fahrzeugen gar keine Abgase entweichen, so lange man eine Kartoffel in den Auspuff stopft?

 

Eine Beschwerde beim Presserat und bei der Deutschen Umwelthilfe wurde eingereicht. 

SG, Foto oben: Faktillon Foto unten: Shutterstock

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