Von wegen, Tatsachen! (6)

Dass man es mit der Wahrheit beim Faktillon noch nie so genau genommen hat, war bekannt. Doch scheinbar ist man in der wohl nicht so gut klimatisierten Redaktion des seit 2016 erscheinenden Faktenportals des Postillon noch immer im Sommerloch gefangen. 

 

Wie sonst sind Bilder wie dieses zu erklären:

Da behauptet der Frostillon also allen Ernstes, Schnee kenne null verschiedene Wörter für Eskimos. 

 

Es handelt sich hier wohl um eine satirische Umdrehung des weit verbreiteten Irrglaubens, dass Eskimos unglaublich viele Wörter für Schnee kennen würden. Aber selbst das ist falsch, wie man hier nachlesen kann.

 

Eskimos kennen für den kalten Niederschlag ganz im Gegenteil nicht mehr oder weniger Wörter für Schnee als andere Völker. So gibt es auch in der deutschen Sprache z.B. den Pulverschnee, den Sulzschnee oder auch grauer Schnee, der an meiner Anzugshose klebt, weil ich zu nah am Straßenrand stand. Bei den Eskimos werden diese Aggregatzustände in einem Wort zusammengefasst, was die vermeintlich hohe Anzahl erklärt. 

 

Und dann kommt der Faktillon und versenkt die journalistische Qualität seiner "Tatsachen" in den temperierten Minusbereich: Schnee kennt null verschiedene Wörter für Eskimos. 

 

Hat man in Fürth denn mal einen Schneemann gefragt? 

 

Wir schon. 

Ist auf Eskimos nicht gut zu sprechen: Schlecht gelaunter Schneemann.
Ist auf Eskimos nicht gut zu sprechen: Schlecht gelaunter Schneemann.

So beklagt sich Quannik Adma, ältester Schneemann im Eskimodorf Shishmaref über die teils schneemannunwürdigen Bedingungen, die dort seit Jahren herrschen. 

 

"Es fängt ja schon damit an, dass ich seit Jahren an ein und derselben Stelle stehe, haben die Eskimos im Dorf eine Vorstellung davon, dass ich auch mal was von der Welt sehen möchte?", beklagt sich ein sichtlich unterkühlter Quannik. 

 

"Null Wörter für Eskimos? Das wüsste ich aber. Ich habe alleine zehn verschiedene Namen für diese Volltrottel, weil sie der Meinung sind, in meine Kumpels reinpinkeln zu müssen. Einfach abartig. Und nochmal fünf Namen kommen für alle dazu, die mir einen massiven Körper gebaut haben und mir statt der entsprechend kräftigen Arme lächerlich dünne Zweige in den Körper stecken. Geht's noch?" 

Hasst Eskimos, weiß es aber noch nicht: Schneeflocke.
Hasst Eskimos, weiß es aber noch nicht: Schneeflocke.

Quannik Adma zeigt uns ein Wörterbuch Schnee-Eskimo, Eskimo-Schnee, das schon die ganz kleinen Flocken durchlesen müssen, damit sie später als Schneemann die korrekte Eskimobeleidigung ausstoßen können. 

 

"Das längste Schimpfwort für einen Eskimo lautet Annuc-Ip Anna-Taku Ip-Nuidi und ist für alle vorwitzigen Eskimojugendlichen reserviert, die es lustig finden, neben uns ein Feuer anzuzünden oder uns mit Salz zu bewerfen."

 

Man kann nur mutmaßen, was den Faktillon dazu treibt, einen solchen Unfug über Schnee zu behaupten. 

 

Welche "Tatsache" will man uns als nächstes andrehen? Dass es gar kein schlechtes Wetter gibt, sondern nur zu viel Niederschlag? 

 

Eine Beschwerde beim Presserat wurde eingereicht. 

SG

Kommentar schreiben

Kommentare: 0